Erinnerungsorte

In Berlin erinnern nicht viele, aber doch einige Orte an das kaiserliche Regime über die Kolonie „Deutsch-Ostafrika“und neuerdings auch an die Opfer und Gegner kolonialrassistischen Unrechts. So findet sich auf dem Garnisonsfriedhof am Columbiadamm ein ca. 3 Meter hoher Grabstein, der nicht nur an den in Togo erkrankten und 1892 dann hier beerdigten Hauptmann Erich Kling erinnert. Auf dem Stein werden zudem drei Kolonialoffiziere erinnert, die in Ostafrika ums Leben kamen. Geehrt wird Hauptmann Eugen Krenzler, der sich 1885 für ein Jahr der berüchtigten „Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft“ anschloß und 1889/90 als Artillerie-Chef des Reichskommissars Hermann Wissmann maßgeblich an der Niederschlagung des Widerstandes der Swahili-Küstenbevölkerung beteiligt war. Außerdem wird des Leutnants Hans Joseph Günthers (eigentlich Güntter) gedacht, der während einer kolonialpolitischen Erkundung an der Küste Somalias im Juba-Fluss ertrank. Und schließlich würdigt der Stein Leutnant Freiherr Varnbüler von und zu Hemmingen, der 1892 während eines Unterwerfungsfeldzuges gegen widerständige Ostafrikaner*innen auf der katholischen Missionsstation Tununguo dem Fieber erlag. „Furchtlos und treu“, so heißt es auf dem glorifizierenden Grab- und Gedenkstein, „haben sie ihr Leben geopfert im Dienste des Reiches“.

Opfer oder Gegner*innen des Kolonialrassismus werden in Berlin seltener erinnert und wenn, dann zumeist auf Initiative der Zivilgesellschaft. So findet sich auf dem Friedhof Berlin-Reinickendorf die Grabstätte von Bayume Mohamed Husen (eigentlich Mahjub bin Adam Mohamed Hussein).

Foto: J. Zeller

Im Ersten Weltkrieg diente Husen den Deutschen als Kindersoldat. Um seinen Sold einzufordern kam er Ende der 1920er Jahre nach Deutschland, heiratete und schlug sich hier u.a. als Kellner, Schauspieler und Sprachlehrer durch. Aufgrund einer Denunziation wegen einer außerehelichen Beziehung zu einer weißen Deutschen wurde er 1941 ins KZ Sachsenhausen verschleppt, wo er im November 1944 ermordet wurde. Auf Initiative der Kölner Afrikanistin Marianne Bechhaus-Gerst vom Verein KopfWelten – gegen Rassismus und Intoleranz wurde 2007 an seinem letzten Wohnort in der Brunnenstraße 193 ein „Stolperstein“ verlegt, der erste für ein Schwarzes Opfer des Nationalsozialismus in Berlin.

 

Podiumsdiskussion zur neuen Infotafel am 9.12.19. Foto: P. Reed-Anderson

Seit 2019 findet sich am Ort des ehemaligen Reichskolonialamtes in der Berliner Wilhelmstraße 152 (früher 162) zudem eine von Berlin Postkolonial und der Historikerin Paulette Reed-Anderson initiierte Informations- und Gedenktafel des Senats. Sie würdigt die 18 aus Kamerun und Ostafrika stammenden Unterzeichner der sogenannten Dibobe-Petition, die hier im Juni 1919 von Martin Quane á Dibobe übergeben wurde. Sie kann als politisches Gründungsmanifest der Schwarzen Community in Berlin betrachtet werden. Unter den Unterzeichnern war auch Mdachi bin Sharifu, ein Sprachlehrer aus „Deutsch-Ostafrika. Im Herbst 1919 brachte dieser die Beschwerden und Forderungen der unterdrückten Petition im Rahmen politischer Vortragsveranstaltungen des pazifistischen Bundes Neues Vaterland an die Öffentlichkeit. Ihm hat Berlin Postkolonial die Wanderausstellung „Breaking the Silence I – Der Zorn des Mdachi bin Sharifu“ gewidmet.

Medienspiegel