Aufruf 2019

Foto: Yusuf Beyazit, 2015

Im September 2019 beteiligen wir uns aktiv an der Verbreitung eines Appells der Kunsthistoriker*innen an der TU Berlin zur Öffnung der Museumsinventare zu afrikanischen Kulturobjekten. Gerade in Deutschland mit seinen zahlreichen und umfangreichen ethnologischen Sammlungen sind Informationen zu afrikanischem Kulturgut bislang schwer zu erhalten. Kaum ein ethnologisches Museum hat „seine“ Kulturgüter bisher digitalisiert und online zugänglich gemacht. Oft sind selbst die internen Dateien und Listen fehlerhaft und unvollständig, einige Objekte sind auch nach 100 Jahren noch immer nicht inventarisiert.

Für Mitglieder im Kolonialismus enteigneter Communities in aller Welt ist eine Teilhabe an ihrem kulturellen Erbe daher zumeist unmöglich. Der Aufenthaltsort von Kulturschätzen, die sie vermissen, ist kaum zu erfahren. Wissenschaftler*innen müssen nach Deutschland fliegen und oft mühevoll selbst in den nicht übersetzten Inventarlisten recherchieren, um fündig zu werden. Vielen Sammlungen fehlt es an der Bereitschaft zur Transparenz. Die Bundesregierung ist zur Schaffung einer zentralen Datenbank nicht gewillt.

Öffnet die Inventare!

Ein Appell, das vorhandene Wissen zu afrikanischen Objekten in deutschen Museen endlich frei zugänglich zu machen.

Die öffentliche Debatte um die koloniale Vergangenheit Deutschlands und den Umgang mit kolonialen Objekten in öffentlichen Sammlungen hat vieles in Bewegung gesetzt. Die Diskussion, die sich an den Planungen für das Humboldt Forum in Berlin entzündete und durch den von Emmanuel Macron in Auftrag gegebenen, im November 2018 veröffentlichten Rapport sur la restitution du patrimoine culturel africain intensivierte, hat bereits zu konkreten Schritten geführt. Ein Bekenntnis zur Aufarbeitung des Kolonialismus wurde in den aktuellen Koalitionsvertrag aufgenommen. Stellung bezogen haben zudem die Staatsministerinnen Monika Grütters und Michelle Müntefering in einem Beitrag, in dem sie unter anderem fordern, „in einen echten Dialog mit den Herkunftsgesellschaften zu treten und so für eine partnerschaftliche Zukunft zu wirken“ (FAZ, 15.12.2018). Europaweit einzigartig wurden in Deutschland für die Erforschung von Provenienzen aus „kolonialen Kontexten“ kurzfristig zwei Millionen Euro bereitgestellt, mit denen zunächst vor allem kleine Projekte gefördert werden. Als Forschende und Kulturschaffende aus verschiedenen afrikanischen und europäischen Ländern fordern wir jedoch mehr: Transparenz!

Es ist ein Skandal, dass es trotz dieser nunmehr zwei Jahre anhaltenden Debatte noch immer keinen freien Zugang zu den Bestandslisten der öffentlichen Museen in Deutschland gibt. Wie genau sehen die afrikanischen Sammlungen in deutschen Museen aus? Aus welchen Regionen kommen die Objekte? Welche Art von Objekten ist es? Wir wollen und müssen das wissen, wenn wir die Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit gemeinsam betreiben wollen. Wir brauchen unbeschränkten und unkontrollierten Zugang! Die Kenntnis der Bestände ist die Grundlage für jeden Dialog. Zudem muss aus Afrika heraus eine unabhängige Auseinandersetzung mit den Kulturgütern ermöglicht werden, ohne Abhängigkeit von deutschen Partnern. Die Objekte können dazu beitragen, Wissen und Erinnerung in den postkolonialen Gesellschaften zu reaktivieren und neu zu erschließen – das gilt für Afrika wie natürlich auch für andere Regionen der Welt.

Sowohl die gemeinsame Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus als auch eine unabhängig von deutschen Institutionen erfolgende Neuerforschung der
Vergangenheit kann nur stattfinden, wenn endlich öffentlich bekannt ist, welche Objekte und welche Informationen es zu diesen in den Museen gibt. Derzeit muss jedes einzelne künstlerische oder wissenschaftliche Projekt, jede internationale Delegation individuell die einzelnen Museen in Deutschland kontaktieren und den Zugang zu Informationen erbitten. Dies führt zu Doppelungen, Mehraufwand, Intransparenz, Abschreckung und nicht selten zum Scheitern.

Um Transparenz zu schaffen, sind keine langwierige Datenaufbereitung und abgeschlossene Digitalisierungsprojekte erforderlich, wie oft behauptet wird. Die Arbeit an den Inventaren wird nie fertig sein, sie wird immer work in progress bleiben. Es gibt keinen Grund zu warten.

Deshalb fordern wir von den öffentlichen Museen bzw. ihren Trägern, den Kommunen, Bundesländern und dem Bund, die schnellstmögliche weltweite Verfügbarmachung der Bestandsverzeichnisse afrikanischer Objekte in den jeweiligen Sammlungen, unabhängig vom Grad der Vollständigkeit oder vermeintlichen Perfektion dieser Verzeichnisse. Einfache Scans und Listen reichen. Wir brauchen sie jetzt. Erst dann kann der Dialog beginnen.

Erste Unterzeichner*innen:
Kader Attia (Künstler, Berlin DE/Paris FR)
Souleymane Bachir Diagne (Prof. Columbia University, New York, USA)
Andreas Eckert (Prof. Humboldt Universität, Berlin, DE)
Albert Gouaffo (Prof. Université de Dschang, Kamerun)
Wolfgang Kaleck (European Center for Constitutional and Human Rights, Berlin, DE)
Christian Kopp (Historiker, Vorstand von Berlin Postkolonial e.V., Berlin, DE)
Achille Mbembe (Prof. Witwatersrand-Universität, Johannesburg, Südafrika)
Felwine Sarr (Prof. Université Gaston Berger, Saint-Louis, Senegal)
Bénédicte Savoy (Prof. TU Berlin, DE / Collège de France Paris, FR)
Romuald Tchibozo (Prof. Université Abomey-Calavi, Benin)
– Jürgen Zimmerer (Prof. Universität Hamburg, DE)

Den Aufruf mit allen Unterzeichner*innen können Sie hier » einsehen.

Medienspiegel

Süddeutsche Zeitung, 16.10.2019 „Macht die Museen auf!“
Stiftung Preußischer Kulturbesitz 17.10.2019 “Erklärung zum Offenen Brief”
NDR, 23.10.2019 “Provenienzforschung: Brauchen radikale Umkehr”

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